Besuch bei den Hospizinitiativen

25.02.2015
Besuch bei den Hospizinitiativen

(von links nach rechts) Professor Dr. Schreml, Monika Drexler, Oberärztin Fr. Dr. Hösch, Kreisrat Harald Lenz, Elisabeth Scharfenberg (MdB) und Ingrid Reimlinger

Am 12. Februar besuchte die grüne Bundestagsabgeordnete Elisabeth Scharfenberg auf Einladung des Grünen Kreisverbands den Landkreis Günzburg. Sie ist pflegepolitische Sprecherin und Mitglied im Gesundheitsausschuss. In diesem Ausschusses wird auch die Krankenhausfinanzierung verhandelt – soweit die Bundesebene zuständig ist. In naher Zukunft steht die Diskussion um die Sterbehilfe im Bundestag an. Vorher soll eine fachliche Debatte über den Ausbau der Palliativmedizin stattfinden. Elisabeth Scharfenberg wollte sich aus erster Hand bei den hier ansässigen Hospizinitiativen darüber informieren, wo es Verbesserungsbedarf gibt. Begleitet wurde sie von Schatzmeister und Kreisrat Harald Lenz. Sie wurden am Krumbacher Krankenhaus von den Vorständen des Raphael Hospiz Vereins Günzburg und der Ökumenischen Hospizinitiative Krumbach empfangen. 
Prof. Dr. Schreml, ehemaliger Chefarzt, jetzt Vorsitzender des Raphael Hospiz Vereins Günzburg, erläuterte die Schwierigkeiten beim Aufbau einer Ambulanten Spezialisierten Palliativversorgung (SAPV). SAPV ist ein gesetzlicher Anspruch von Schwerkranken und Sterbenden, die zu Hause betreut werden wollen. Der Aufbau entsprechender Teams stellt wegen der langen Wegstrecken im ländlichen Raum eine besondere Herausforderung dar. Im Landkreis Günzburg besteht die besondere Schwierigkeit im Mangel an speziell ausgebildeten Palliativärzten.
Frau Dr. Hösch, Vorsitzende der Ökumenischen Hospizinitiative aus Krumbach, berichtete, dass der erste Kontakt mit dem zu Betreuenden schon oft im Krankenhaus stattfindet. Hier können schon vorzeitig Ängste genommen werden. Auch sei es wichtig, Ansprechpartner für die Angehörigen zu sein, da das soziale Umfeld bei der Begleitung Sterbender eine große Bedeutung hat. Auch die Trauerbegleitung spielt hier eine maßgebende Rolle.Beides jedoch werde noch nicht entsprechend vergütet. Das gebe der Â§39a SGB V aus dem sich stationäre und ambulante Hospizleistungen finanzieren noch nicht her.
Monika Drexler und Ingrid Reimlinger, beide für die Einsatzkoordination in ihren Vereinen zuständig, berichteten über das Tagesgeschehen, die Notwendigkeit einer 24-h-Bereitschaft und über das große Engagement der freiwilligen Helfer, ohne die vieles nicht machbar wäre. Die Helfer durchlaufen eine Schulung über ein halbes Jahr, ehe sie Begleitung für Sterbende und Angehörige ausüben können. Manchmal ist es notwendig, bestimmte Situationen aufzuarbeiten. Auch dafür müssen sie Ansprechpartner sein, teilen die leitenden Fachkräfte mit.
Für stark verbesserungswürdig hält Elisabeth Scharfenberg das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Es gibt eine 10tägige Pflegeauszeit, die jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin nehmen kann. Sie ist mit einer Lohnersatzleistung hinterlegt. In dieser Zeit soll die Versorgung des oder der Pflegebedürftigen organisiert werden. Diese 10 Tage werden allerdings in den seltensten Fällen für eine gute Organisation ausreichen. Ebenfalls Inhalt dieses Gesetzes ist die Möglichkeit, bis zu 6 Monate komplett und bis zu 2 Jahren teilweise aus dem Beruf auszusteigen. Kritisch darf bemerkt werden, dass diese Möglichkeit der Pflegezeit für Arbeitnehmer in kleineren Betrieben nicht greift, so Scharfenberg.
 
Zusätzlich besuchte die Bundestagsabgeordnete am frühen Abend die Schulen des Bezirkskrankenhses in Günzburg. Dort wurde sie von den Leitungen der Berufsfachschulen für Ergotherapie, Physiotherapie und Krankenpflege, der stellvertretenden Pflegedirektorin Katrin Wieser und Herrn Uwe Genge von der Stabstelle Pflegewissenschaft empfangen.
Laut Frau Aigner (Schulleitung Physiotherapie) sind die Bewerberzahlen in den Therapie- und Pflegeberufen seit Jahren rückläufig. Auch die Bewerbungen von Anwärtern mit Abitur nähmen ab.
Ein Thema des Gesprächs war die generalistische Pflegeausbildung. Sie sieht eine Zusammenführung von Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege vor. Der Deutsche Pflegerat befürwortete diese Art der Ausbildung, weil somit auch eine Angleichung an europäische Standards möglich ist. Ähnlich sah dies auch Schulleiter Erich Renner von der Krankenpflegeschule. Eine Angleichung könne nur über den Weg einer generalistischen Ausbildung, die in Teilen durch eine Akademisierung ergänzt wird, erfolgen. Auch hier gingen die drei Schulen des Bezirkskrankenhauses mit dem zusätzlichen Angebot des Dualen Studiums „Interprofessionelle Gesundheitsversorgung“ in Kooperation mit der Dualen Hochschule (DHBW) in Heidenheim in die richtige Richtung. In diesem ausbildungsintegrierten Studiengang erwerben die Absolventen innerhalb von vier Jahren neben ihrem Berufsabschluss in der Ergotherapie, Gesundheits- und Krankenpflege oder Physiotherapie auch den akademischen Grad Bachelor.
Elisabeth Scharfenberg sieht die Generalistik kritischer. Im demografischen Wandel werden die Anforderungen an die Versorgung Kranker und Pflegebedürftiger größer und komplexer. Das erfordert auch in Zukunft eine Spezialisierung der Pflegeberufe. Eine gemeinsame Grundausbildung über etwa anderthalb bis zwei Jahre mit einer sich daran anschließenden Spezialisierung hält sie für ein sinnvolles Modell, um altenpflegerische Kompetenzen auch in der Krankenpflege zu vertiefen und umgekehrt. Die darauf aufbauende Spezialisierung sichert dann die spezifischen Fachkenntnisse.
Einigkeit herrschte über die Tatsache, dass im Hinblick auf die demographische Entwicklung alle Gesundheitsfachberufe gestärkt werden müssen. Die Gefahr sei, dass ihnen in einem immer mehr unter Kostendruck stehenden System im Hinblick auf die Personalausstattung, Bezahlung und Verantwortlichkeit nicht der Stellenwert eingeräumt wird, der ihnen aufgrund ihrer Bedeutung für eine hochwertige Gesundheitsversorgung zusteht. So müsse die Attraktivität dieser Berufsbilder weiter gesteigert werden. Dies könne u.a. durch eine bessere Vergütung oder durch das Angebot vermehrter Fort- und Weiterbildungen realisiert werden. Eine Chance zur Verwirklichung biete hier sicherlich auch die zur Zeit viel diskutierte Installierung der Selbstverwaltung der Pflege in Form einer Pflegekammer.

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