Ein Spitzenpolitiker im Zehntstadel

Unser Bild zeigt von links den Kreissprecher Kurt Schweizer, Eveline Kuhnert (Platz 1 der Kreistagsliste), den Landtagsabgeordneten und Landratskandidaten Max Deisenhofer, den Bundesvorsitzenden Robert Habeck und die Landesvorsitzende Eva Lettenbauer.

In Leipheim war Robert Habeck, der Bundesvorsitzende der Grünen, zu Gast

Text: Günther Meindl/Bild: Mathias Endres

Leipheim. Es gab Zeiten, da waren die Grünen bei ihren Veranstaltungen (pulloverstrickend) mehr oder weniger unter sich. Diese Zeiten gehören definitiv der Vergangenheit an. So mussten kürzlich in Leipheim aus Platzmangel viele Interessierte wieder weggeschickt werden, als im Vorfeld der Kommunalwahl das „Gastspiel“ von Robert Habeck als „special guest“ den historischen Zehntstadel bis auf den letzten Platz zu füllen vermochte. Die bayerischen Kommunalwahlen scheinen also auch bundespolitisch überaus ernst genommen zu werden. Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass selbst der Bundesvorsitzende bis aus dem hohen Norden angereist war, um die hiesigen Grünen-Kommunalpoltiker und dabei insbesondere den im Kreis Günzburg für das Amt des Landrats kandidierenden Max Deisenhofer zu unterstützen.

Rekorde bei Zustimmung und Mitgliederzahl

Die Begrüßung oblag der die Kreistags-Kandidatenliste anführenden Eveline Kuhnert, während die Moderation die Landesvorsitzende Eva Lettenbauer übernahm. Letztere gab zu verstehen, dass die Grünen nun 40 Jahre alt und inzwischen längst etabliert seien. In Bayern könne man auf Rekord-Zustimmungswerte und auch einen massiven Mitgliederzuwachs verweisen. Aktuell seien es mehr als 16.000, in Schwaben über 2.000. Dies sei auf eine konsequente Politik in Sachen Klima und sozialem Miteinander zurückzuführen.

Prioritäten für den Landratskandidaten

Der „Lokalmatador“ Max Deisenhofer verdeutlichte, dass ihm die Landtagsarbeit natürlich viel Freude mache, aber auch die Kommunalpolitik nach wie vor am Herzen liege. Im Landkreis Günzburg genieße der Klimaschutz noch einen viel zu geringen Stellenwert, was schon daran zu erkennen sei, dass die Auslobung des Umweltpreises nicht – wie bei allen anderen Preisen üblich – mit Geld dotiert sei. Man müsse klimaneutral werden und auf Passivbauweise setzen, was bei der neuen FOS/BOS in Krumbach leider nicht der Fall gewesen sei.

Ferner plädierte Deisenhofer für einen besser funktionierenden ÖPNV, mehr Anstrengungen bei der Digitalisierung – in ländlichen Regionen gebe es „noch immer kein vernünftiges Internet“ – im privaten Berreich, bei der Verwaltung und in den Schulen. Er selbst wolle „ein Landrat für alle“ sein und wünsche sich einen toleranten, weltoffenen Landkreis.

Die Bedeutung der Kommunalpolitik

Den nachfolgenden Ausführungen des Bundesvorsitzenden Robert Habeck haftete durchaus auch der „Touch des Intellektuellen“ an, sodass sie weit über das, was man üblicherweise aus Politikerreden kennt, hinausgingen. Die Kommunalwahlen seien, so der Bundespolitiker, extrem wichtig. Im kommunalen Bereich sei man am dichtesten am Menschen dran, hier lebe die Demokratie am meisten. Auf der kommunalen Ebene werde Wichtiges entschieden und Politik konkret. Wie eine Gesellschaft wirklich funktioniere, entscheide sich lokal.

Brücken statt Mauern

Deutschland benötige eine stabile demokratische Mitte, wobei es gelte, kooperativ über den besten Weg zu streiten. Zudem gelte es Mut zu machen anstatt Ängste zu schüren. Es gehe nicht darum, Mauern hochzuziehen, sondern Brücken zu bauen. Derzeit könne man stolz auf die Stimmung im Lande sein.

Kompromisse und Konsensfindung

Wir befänden uns aber auch in einem „ganz entscheidenden Jahrzehnt“. Werde in bestimmten Bereichen nicht jetzt gehandelt, sei es für Vieles schon zu spät. Die Menschen dürften nicht in der Vereinzelung verschwinden, weswegen in unserer digitalisierten Welt mehr denn je öffentliche Räume wichtig seien. Ein Krisenbewusstsein sei hierzulande durchaus vorhanden, die Politik indes zu langsam, um darauf zu antworten. Einserseits gelte es, von den Politikern Verantwortung zu fordern, andererseits müssten aber auch Fehlertoleranzen eingebaut werden. Entscheidend sei die Kunst des Kompromisses und der Konsensfindung. Natürlich sollten und könnten nicht alle Menschen gleich werden, man müsse aber zusammenwachsen.

Die Fragerunde

Bereits vorab waren bunt gemischte Fragen gesammelt worden, die sodann an Michael Habeck und Max Deisenhofer zur Beantwortung übergeben wurden. Dabei ging es unter anderem um die Flächenversiegelung, die Themen Ortsumfahrungen, Inklusion, Krankenhäuser im Landkreis und deren Defizite sowie um die Proteste gegen die großindustrielle Landwirtschaft. Der Tierschutz, so Habeck, der früher in Schleswig-Holstein bereits Agrarminister gewesen war, müsse nicht zwingend eine Frage der Hofgröße sein. Dennoch plädiere er für die Abkehr von der industriellen Tierhaltung. Denn das derzeitige System sorge für immer weniger Höfe.

Es gehe, so Robert Habeck (in dem nicht wenige schon den nächsten Bundeskanzler sehen) abschließend, um das Gestalten von Wirklichkeit und keinesfalls nur um das Sprechen darüber. Deutschland sei darauf angewiesen, dass Europa funktioniere. Hierzulande bedürfe es einer ökologischen sozialen Marktwirtschaft. Und es müsse unterbunden werden, Waffen an kriegführende Länder zu liefern, weswegen es auch keine entsprechenden Exporte an die Türkei geben dürfe.

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