Mut zur Vorreiterrolle

09.09.2017
Mut zur Vorreiterrolle
Die Sendenerin Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) sitzt seit 1998 im Bundestag. Die erfahrene Politikerin hat klare Vorstellungen davon, wie sich Deutschland entwickeln soll.
Eine Wende in der Verkehrspolitik – hin zu umweltfreundlichen Antriebsquellen: Das ist eines der Ziele der Grünen-Politikerin Ekin Deligöz aus Senden. Geht es nach ihr, muss Deutschland aber auch in anderer Hinsicht Flagge zeigen. (Foto: Andreas Brücken)

Wer sind die Frauen und Männer, die in den Bundestag einziehen wollen? In einer Serie von Porträts stellen wir in den nächsten Tagen die Direktkandidaten der Parteien im Wahlkreis Neu-Ulm vor. Heute: Ekin Deligöz, Grüne.
Deutschland braucht Mut: Das fordert Ekin Deligöz, die seit 1998 für die Grünen im Bundestag sitzt und sich nun als Direktkandidatin um eine sechste Amtszeit bewirbt. Wenn die 46-jährige Sendenerin von Courage spricht, dann geht es ihr um eine Vorreiterrolle – diese müsse das Land übernehmen. Zum Beispiel bei ökologischen Innovationen, etwa durch Autos mit Elektromotoren: „Wir sind ein Exportland, deutsche Ingenieurskunst muss verkauft werden“, sagt Deligöz. Durch den Diesel-Skandal sei auch im Ausland einiges Vertrauen in die Hersteller verloren gegangen.
Die Grünen-Politikerin sieht die Industrie in der Pflicht, weil sie die Gutgläubigkeit der Kunden ausgenutzt habe. Die Fabrikanten müssten Nachrüsten und Autos zurück kaufen. „Und eine Entschuldigung muss her.“ Ebenso wie Maßnahmen, die sicherstellten, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Gleichzeitig habe der Staat dafür sorgen, dass sich die Bürger zunehmend in Autos mit sauberen Antriebsquellen setzen. Ein Vorschlag: Die Nutzer von E-Autos von Steuern befreien. Auch seien Investitionen in die Bahn und den öffentlichen Nahverkehr notwendig. Geht es nach den Grünen, sollen junge Leute kostenlos mitfahren dürfen. „Das wäre eine Alternative zum Taxi Mama und Papa“, sagt Deligöz, die nach eigenem Bekunden in Wahlkampfzeiten vor allem in Zügen reist. Oder auf Wagen von Carsharing-Anbietern zurückgreift, ein zukunftsfähiges Modell, findet sie. Grundsätzlich gehe es den Grünen darum, eine „Verkehrswende“ zu erreichen: Weg von der jetzigen Situation, wo ein Großteil des Personenverkehrs (laut Deligöz 80 Prozent) über Autos abgewickelt werde. „Daran führt kein Weg vorbei“, sagt die Bundestagsabgeordnete, die auch den Fahrradverkehr stärken will. Das könne funktionieren – wenn die Infrastruktur vorhanden sei. „Wir müssen Angebote schaffen“, sagt Deligöz und blickt auf die viel genutzten „Fahrradautobahnen“ in der holländischen Stadt Amsterdam. „Das klappt, obwohl es wegen der Kanäle wenig Platz gibt.“ Auch in der Agrarwirtschaft muss sich aus Sicht der Grünen einiges tun: Produkte sollen ökologisch hergestellt und möglichst gleich in der Region verkauft werden. Und die Erzeuger sollen davon leben können. Staatliche Gelder seien hier gut angelegt, glaubt Deligöz.
„Die Menschen müssen bei der Energiewende mitmachen“
Kritisch sieht die Politikerin, dass die Produktion von Energie aus privaten Solaranlagen zuletzt „eingeschlafen“ sei. Das Engagement soll für die Bürger wieder attraktiver werden. „Die Menschen müssen bei der Energiewende mitmachen.“ Wenn es um die Finanzierung der Ziele geht, ist Deligöz guter Dinge. Die Grünen hätten eine Streichliste erarbeitet, durch die der Staat „von heute auf morgen“ mehrere Milliarden Euro sparen könne. Darauf stehen unter anderem Zuschüsse für Kohleabbau und Flugzeugbenzin.
Exportieren soll Deutschland künftig aber nicht nur die Ideen für einen ökologisch vertretbaren Lebensstil – sondern auch eine moralische Haltung. Etwa durch ein entschlossenes Auftreten gegenüber der Türkei, die manche in eine Diktatur gleiten sehen. Druck ausüben auf die Regierungsmitglieder, das funktioniere nur durch einen Stopp von Investitionen, Zahlungen und Waffenexporten, sagt Deligöz. „Sie wollen Geld verdienen, ob sie in der EU sind, ist ihnen egal.“
Für ihre Positionen will Deligöz unermüdlich werben – damit die Grünen drittstärkste Kraft im Bundestag werden. Und nicht die Alternative für Deutschland, deren politische rechte Haltungen mitunter schlicht unerträglich seien. „Das wäre ein Albtraum“, sagt Deligöz.
Von: Jens Carsten

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