„ZUVERSICHT GEWINNT“ Mit Jamila Schäfer, Jonathan Berlin, Torsten Becker und Alpay Artun in Günzburg 11. Februar 2025 Der Moderator der Podiumsdiskussion Simon Berlin gemeinsam mit Jamila Schäfer, Jonathan Berlin, Alpay Artun und Torsten Becker (v.l.). Foto: Nadine Rau. Warum die bayerische Grünen-Spitzenkandidatin Jamila Schäfer mit Zuversicht in die Zukunft schaut. Woher die Zuversicht nehmen bei einem Krieg mitten in Europa, bei einer weiteren Amtszeit des US-Präsidenten Donald Trump und bei einer Klimakrise, deren Auswirkungen so spürbar sind wie selten zuvor? „Es ist nicht die einfachste Zeit, in der wir leben, aber die wichtigste“, sagte Jamila Schäfer, bayerische Grünen-Spitzenkandidatin für die bevorstehende Bundestagswahl, entschieden. Rund 70 Gäste waren in die Günzburger Kolpingbühne gekommen, um sich von der 31-jährigen Bundestagsabgeordneten und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Podiumsdiskussion inspirieren zu lassen. Denn es gibt Antworten, die Mut machen, auf die Herausforderungen der Gegenwart. Da wäre zum Beispiel Torsten Becker, Gründer und Geschäftsführer der carbonauten GmbH. Das Unternehmen aus Giengen an der Brenz hat einen Ansatz entwickelt, holzige Rest- und Problemstoffe zu karbonisieren. So wird CO2 aus der Atmosphäre entnommen und beispielsweise in Kunststoffgegenständen gebunden. Beckers hehres Zirl: „Wir wollen die Welt retten.“ Oder Jonathan Berlin, der auf der Günzburger Kolpingbühne seine ersten schauspielerischen Gehversuche gestartet hat und aktuell als Regisseur und Aktivist für Schlagzeilen sorgt. In einem offenen Brief an Bundestagsabgeordnete von Union, FDP und BSW forderte Berlin gemeinsam mit weiteren Prominenten aus Kunst und Kultur wie Daniel Brühl, Karolina Herfurth oder auch Joko und Klaas, sich von der AfD zu distanzieren. Die Unterzeichner verlangten zudem, dass die Politikerinnen und Politiker entweder gegen den Gesetzentwurf der Union stimmen oder der Abstimmung fernbleiben möchten. Tatsächlich erlangte die Unions-Initiative im Nachgang keine Mehrheit im Deutschen Bundestag. „Künstler zu sein und politisch zu sein gehört für mich zusammen“, betont Berlin. Wenn es nach Alpay Artun geht, dem Bundestagskandidaten der Grünen im Wahlkreis Günzburg/Neu-Ulm, ist es allerhöchste Zeit, unter den demokratischen Parteien einen anderen Umgangston anzuschlagen. Der Software-Entwickler beobachtet eine Verrohung des Diskurses, unter der besonders seine Partei leide: „Wenn das Butterbrot herunterfällt und auf der falschen Seite landet, waren mal wieder die Grünen schuld.“ Artun will sich stark machen für bessere Aufstiegschancen für alle und für mehr soziale Gerechtigkeit. Dabei wies der Neu-Ulmer auf seine persönliche Geschichte als Arbeiterkind mit Migrationsgeschichte hin. Ohnehin war Migration ein bestimmendes Thema am Samstag, das auch Jonathan Berlin nicht aussparen wollte. Er rief dazu auf, die furchtbare Tat von Aschaffenburg, bei der ein zweijähriges Kind und ein 41-jähriger Mann starben, auch aus der Perspektive der Sicherheit zu betrachten. Die gefühlte und die tatsächliche Sicherheit in Deutschland wichen stark voneinander ab. „Die rechte Rhetorik, die nur der AfD hilft, darf nicht das letzte Wort haben. Wenn uns ernsthaft an Sicherheit gelegen ist, müssen wir auch die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland endlich in den Blick nehmen“, forderte Berlin. Wesentliche Forderungen der Union hinsichtlich der Migrationspolitik seien nicht mit geltendem Recht vereinbar, wies Jamila Schäfer hin. Die Morde von Aschaffenburg haben sie als junge Mutter schwer getroffen, gleichzeitig hätten Verschärfungen im Bereich Asyl und Einwanderung die Gewalttat nicht verhindern können. Deutschland könne es sich auch nicht erlauben, ausschließlich über Migration zu debattieren und drängende Fragen auf anderen Gebieten, wie der Wirtschaft oder in der Friedenspolitik unbeantwortet zu lassen: „Zuversicht bedeutet, dass etwas anderes wichtiger ist als unsere Angst – nämlich unsere Zukunft.“ Text: Mathias Endres, Bilder: Nadine Rau